20.05.2014

“Bin ich hier im Museum?”

Stadtverwaltung setzt umstrittenen Umkonzessionierungsplan um

6 neue Taxikonzessionen an Bewerber auf den Wartelisten sowie die Umwandlung von Mietwagen in Taxen - die Verwaltung setzt die zuerst im März präsentierten Pläne um.

Zur gestrigen Verkehrsausschußsitzung war auf Antrag einiger Ausschußmitglieder der Gutachter Thomas Krause aus Hamburg eingeladen worden. Krause erläuterte die Kernaussagen seines im März fertig gestellten Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit des Oldenburger Taxi- und Mietwagengewerbes und stellte sich dann den Fragen der Politiker.

Hausgemachtes Nullsummenspiel

Der Trend bei der Rechtsprechung durch die Verwaltungsgerichte bewege sich zunehmend dahin, die Berufsfreiheit nach § 12 GG zu betonen und deren Einschränkungsmöglichkeiten durch das PBefG zu hinterfragen. Deshalb heiße es: Welche Argumentation funktioniert vor Gericht und welche nicht? Wer Anträge mit Argumenten wie Existenzsicherung und Konkurrenzschutz ablehne, werde vor Gericht scheitern. Oldenburg sei im Vergleich mit anderen Städten ein guter Taxistandort mit entsprechenden Umsätzen. Auf dieser Basis sei ein Verlust der Funktionsfähigkeit schwer zu begründen. Problematisch sei in Oldenburg allerdings der Ertrag der Betriebe. Wenn man der Buchhaltung glauben dürfe, sei z.B. 2012 für das Gewerbe zu einem Nullsummenspiel geworden. Es habe im beobachteten Zeitraum zwar Geschäftsübertragungen gegeben, aber keine Rückgabe von Konzessionen. Unter Verweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln im letzten Jahr könne das als Indiz dafür gewertet werden, daß die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes gegeben sei. Viele Probleme des Gewerbes seien hausgemacht. Wer aus dem Bahnhof komme und zum Taxistand gehe, könne denken: Bin ich hier im Museum? Hier werde deutlich: Es fehlt an Investitionen. Der Bereich des sinnvollen betriebswirtschaftlichen Handelns sei in vielen Fällen verlassen.

Kontrollen gefordert

Als kurzfristige Maßnahme sei eine Aufstockung um 6 neue Konzessionen sowie die Umwandlung der Mietwagen in Taxen angebracht. Mittelfristig müsse das Gewerbe um die unplausibel arbeitenden Unternehmen mit etwa 25 Taxen bereinigt werden. Damit werde Raum für legales betriebswirtschaftlich sinnvolles Handeln geschaffen. Dazu seien die Einhaltung der abgabenrechtlichen Pflichten zu prüfen sowie die Personalkosten und stichprobenartig die Schichtzettel zu kontrollieren. Auch die Mietwagenunternehmen seien vor einer Umkonzessionierung in gleicher Weise unter die Lupe zu nehmen.

Die Ratsherren Hans-Henning Adler (Gruppe DIE LINKE./Piratenpartei) und Markus Dietz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sahen einen Widerspruch zwischen dem Nullsummenspiel und der Empfehlung, weitere Konzessionen auszugeben. Ob sich die Situation dadurch nicht verschärfen werde? “Ja, das könne sein”, so Krause. Deswegen sei es wichtig, daß die Behörde hinschaue, wer im Trüben fische. Es könne auch durchaus sein, daß die derzeitigen Pläne vor dem Hintergrund des kommenden Mindestlohnes schon im nächsten Jahr Makulatur seien.

Alte Taxen - neue Mietwagen

Der Leiter des Amtes für Verkehr und Straßenbau, Bernd Müller, ergänzte Krause mit den Worten: “Wir sind nicht dazu da, die Unternehmer vor sich selbst zu schützen.” Taxen und Mietwagen seien sich mit den Jahren immer ähnlicher geworden. Der Gutachter habe festgestellt, daß der gemeinsame Markt sechs  neue Konzessionen vertrage. Zusätzlich werde es die Möglichkeit geben, Mietwagen, die zu einem Stichtag betrieben worden seien, in Taxen umzuwandeln. Zur Kritik aus dem Taxigewerbe am Übergehen der Wartelisten sagte Müller, deren Gerichtsfestigkeit könne in Zweifel gezogen werden. Es gebe sie seit vielen Jahren, aber es seien kaum neue Konzessionen erteilt worden. Allerdings wolle man keine gänzliche Freigabe mit dem Risiko eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Die gutachterlich empfohlenen Kontrollen werde man bei der Stellenplanung berücksichtigen. Der versteinerte Markt könne durch die Pläne der Verwaltung wieder Leben bekommen. Müller schloß mit dem Rat: “Schauen Sie sich die Fahrzeugqualität der Mietwagen und der Taxen an, wenn Sie das nächste Mal damit unterwegs sind. In der Summe werden wir dem Taximarkt eher etwas Gutes tun als etwas Schlechtes.”

Hans-Henning Adler mahnte:” Neue Konzessionen kann es nur mit den nötigen Kontrollen geben.”

(jr)

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