11.03.2010

“Ein ganz normaler Junge”

Die Eltern sagen aus

“Sie müssen nicht aussagen. Doch wenn Sie das machen, muß ich Sie darauf hinweisen, daß Falschaussagen schwere Strafen nach sich ziehen können.” Die Belehrung schreckte die Eltern des Angeklagten nicht ab. “Ich möchte aussagen.”

Die Schilderungen zeigten das Bild einer “ganz normalen Familie”. Der Angeklagte sei allerdings in den letzten Monaten vor der Tat zunehmend auffällig geworden. Wegen einer im Verhältnis zum geringen Lehrlingseinkommen großen Kontoüberziehung hatte die Mutter die Kontrolle über die Ausgaben des Sohnes übernommen. Turbulenzen in der Beziehung zur Freundin und Eingewöhnungsprobleme am Arbeitsplatz hatten den Mann abmagern und nachdenklich werden lassen. Er habe sich erkennbar erst in der Haft erholt, wirke ruhig und fast befreit. Der Anwalt des Angeklagten hatte zuvor schon am Rande der Verhandlung geäußert, sein Mandant mache fast den Eindruck, er wolle gar nicht wieder raus. Er habe offenbar Angst, mit den Beteiligten konfrontiert zu werden.

Der Angeklagte schaute heute allerdings erstmals nicht mehr ausschließlich zu Richter und Verteidiger oder starrte auf seinen Tisch. In einer kurzen Pause versuchte er fast lächelnd, Sichtkontakt zu seinen Eltern und seiner ebenfalls als Zeugin geladenen früheren Freundin herzustellen. Eine Stunde zuvor hatte er sein Gesicht noch tief in den Händen vergraben, als die Mutter unter Tränen schilderte, wie sie die Suche nach ihrem Sohn und die ersten Meldungen über die Tatbeteiligung erlebt hatte.

Die Mutter erkannte die in der Nähe des Tatorts gefundene Bekleidung wieder, der Vater die in Oldenburg und Stuhr benutzten Messer jedoch nicht. Er hatte dem Sohn in der Vergangenheit Messer geschenkt, die Teil von dessen Sammlung wurden.

(jr)

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