Du bist Taxi!

"Du bist Deutschland!", lautete der Slogan einer Medienkampagne zu Beginn des Jahres. Den Machern geht es um ein positiveres Nationalgefühl, zu dem jeder einzelne durch verstärkten persönlichen und gesellschaftlichen Einsatz beitragen könnte. 
 
Zum Halbfinale der WM hieß es plötzlich: "Du bist Frings!". Einer für alle – alle für einen. Die Sperre des Nationalspielers gegen Italien sollte durch die lautstarke Anfeuerung der Fans für die deutsche Mannschaft mehr als kompensiert werden.
 
Was man nicht alles zeitgleich sein soll? Ganz schön anstrengend!
 

Und nun soll man auch noch Taxi sein? Also der Repräsentant eines Berufszweigs, deren Arbeitnehmer sich auf Nachfrage immer wieder dazu bekennen, dass sie "die Freiheiten, die dieser Job mir bietet ..." als höchstes Gut darstellen? 
 
Doch wie sehen diese Freiheiten aus? Ja sicher: Der Chef ist weit weg - räumlich und gedanklich. Und wenn man Glück (Pech?) hat, sieht man ihn wochenlang nicht. Die Arbeitszeit und die Pausen kann man sich weitestgehend selbst einteilen. Auch der Verdienst hängt zu einem großen Maß von einem selbst und einem schwer greifbaren Glücksfaktor ab. Man hat sogar die Freiheit, sich mit seinen Fahrgästen zu unterhalten oder auch nicht.  Nicht jedem ist die Sabbelei in die Wiege gelegt worden. Nicht weiter schlimm! Ähnliches gilt für den Umgang mit den Arbeitskollegen. Pflegezustand des Fahrzeugs? Arbeitskleidung? Ja, alles ziemlich frei und abhängig vom persönlichen Geschmack des Fahrers. Selten wird einem hierbei reingeredet.
 
Die Freiheiten, die der Taxifahrerjob bietet, gehen also schon ziemlich weit. Und manchmal gehen sie noch viel weiter - zu weit:
 
Du kannst beispielsweise den Gehwagen einer älteren Frau, die immer erst nach dem Arztbesuch einen Transportschein für die Hin- und Rückfahrt bekommt, in Pfand nehmen. Wenn du richtig Glück hast, merkt es niemand, und die Frau beschwert sich nicht.
 
Du kannst sogar die Bitte deines Fahrgastes, die Zigarette auszumachen, ablehnen. Selbst wenn die Dame dir vorher mitgeteilt hat, dass sie Asthma hat. Falls sie dich beim Ordnungsamt anzeigt, leugnest du natürlich. Es steht Aussage gegen Aussage – deine Chancen, heil aus der Sache raus zu kommen, sind nicht schlecht. Und wenn dein Chef dich rausschmeißt, fängst du eben bei einer anderen Firma an. Man wird dich nehmen – auch wenn man den Vorfall kennt.
 
Du hast außerdem die Möglichkeit, deinen Verdienst mit einer simplen Methode nach oben zu schrauben: Erkläre einfach jedem Kunden, der danach fragt, dass das Ausstellen einer Quittung 50 Cent extra kostet. Ein Kavaliersdelikt. Es dürfte keine Konsequenzen für dich haben.
 
Und wenn dich der freiheitliche Hunger quält, gönnst du dir bei der nächsten Besorgungstour einfach einen Happen von Grillteller des Kunden, dem du sein Abendbrot bringen sollst. Kein Problem: Schieb´ es einfach auf den Küchenchef.

 
"Bin ich Taxi?"  "Ja, Du bist Taxi!"
 
Nutze die Freiheiten und das hohe Maß an Selbstbestimmtheit, die das Taxifahren dir bietet.
 
Du kannst es gut oder schlecht machen!
 
Machs gut!
 
gl

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